In Stuttgart gelten im kommenden Jahr Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge. Erfreulich: Handwerksbetriebe erhalten eine Ausnahmegenehmigung.Fahrverbote ab 2019: Ausnahmen für Handwerker
Ganzjähriges Fahrverbot für Euro 4-Fahrzeuge
Die Regierungskoalition hat sich am 11. Juli 2018 auf ein Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung in Stuttgart geeinigt. Ab dem 1. Januar 2019 gilt für Dieselfahrzeuge mit Euro 4 und schlechter ein ganzjähriges Fahrverbot in der Landeshauptstadt. Fahrverbote für Dieselfahrzeuge mit Euro 5 sollen mit verschiedenen Maßnahmen weiter vermieden werden.
Für das Handwerk gelten die Ausnahmegenehmigungen, für die sich die Kammer jahrelang stark gemacht hatte.
„Wir begrüßen es sehr, dass die Regierungsparteien zu ihrer Zusage für Ausnahmegenehmigungen für das Handwerk und große Teile des Wirtschaftsverkehrs stehen. Besonders positiv nehmen wir es auf, dass mit den 'nicht befristeten Übergangsregelungen' der betrieblichen Nutzungsdauer von Fahrzeugen im Handwerk Rechnung getragen wurde“, freut sich Hauptgeschäftsführer Thomas Hoefling.
Selbstverständlich werde das Handwerk seinen Beitrag zur Luftverbesserung leisten und sich selbst zu einer Erneuerung des Fuhrparks in dem wirtschaftlich vertretbaren Zeitraum verpflichten. Die Zurückstellung eines Fahrverbots von Euro 5-Fahrzeugen sei ebenso gutzuheißen wie die Tatsache, dass Nachrüstungen zu einer Verlängerung der Übergangsfrist bei Fahrverboten für Euro 5-Fahrzeuge führen.
Dass diese zweijährige Übergangsfrist nicht nur für Softwareupdates, sondern auch für zukünftige Hardwarenachrüstungen gelten soll, ist aus Sicht des Handwerks hingegen fragwürdig. Stattdessen sollten mit Hardware nachgerüstete Fahrzeuge mit Euro 6-Fahrzeugen gleichgesetzt werden. „Bei den skizzierten Maßnahmen bei ÖPNV und P+R-Parkplätzen würden wir uns eine weitere Konkretisierung und Terminierung sowie eine ausreichende finanzielle Untermauerung wünschen“, so Hoefling.
Weitere Informationen: Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung Stuttgart
Vollversammlung mahnt unbürokratische Ausnahmen an
„Wir hoffen, dass die Umsetzung der Ausnahmen von den Fahrverboten in Stuttgart in der Praxis ohne viel Bürokratie abläuft“, hatte Anfang Juli bereits Kammerpräsident Rainer Reichhold die Forderungen des Handwerks bei der Sommersitzung der Vollversammlung untermauert. Die Betriebe hätten schließlich schon genug mit Bürokratieaufwand und Statistikpflichten zu tun. Deshalb setze die Handwerkskammer alles daran, ein einfaches Verfahren für die Erteilung der Ausnahmegenehmigungen zu erreichen, am besten in Form einer allgemeinen Verfügung.
In dem Zusammenhang kritisierte Reichhold, dass die Bürokratiebelastung für die über 29.000 Handwerksbetriebe in der Region Stuttgart stetig zunähme. „Für uns ist eine Belastungsgrenze erreicht - wir verdienen unser Geld mit qualifizierter Leistung, aber nicht mit Formularausfüllen am Schreibtisch.“ Reichhold führte exemplarisch die Dokumentationspflichten beimMindestlohn und die Bürokratiebelastung bei Existenzgründern an, die zu Mehrbelastungen geführt hätten.
Harsche Kritik erntete auch die Ausdehnung derMautpflicht auf das Handwerk, nach der zum Beispiel Dachdecker unter bestimmten Voraussetzungen neuerdings zur Kasse gebeten werden. Reichhold: „Unsere Leistungen verteuern sich dadurch ständig, ohne dass wir auch nur einen Cent mehr haben.“
Umfrageergebnisse zu Fahrverboten liegen vor
Eine gemeinsame Umfrage von Handwerkskammer undKreishandwerkerschaft Stuttgart bei Betrieben in der Region Stuttgart hat unter anderem ergeben:
- Der Fuhrpark der Betriebe besteht zu 83 Prozent aus Dieselfahrzeugen.
- Im Schnitt werden die Fahrzeuge neun Jahre genutzt.
- Zwei Drittel der Unternehmer können sich eine Umstellung ihrer Dieselflotte auf Euro 6-Fahrzeuge bis Ende 2021 wirtschaftlich nicht leisten.
- Jeder vierte befragte Handwerker ist dazu bereit, in technische Nachrüstungen zu investieren. Im Stadtgebiet sind es sogar 39 Prozent.
Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage können Sie am Ende der Seite herunterladen.
Bei der Befragung wie auch in der Vollversammlung wurde deutlich, dass bei der Nachrüstung Politik und Autohersteller in die Pflicht genommen werden müssen. Unternehmer, die im Vertrauen auf normgerechte Produkte ihre Fahrzeuge vor wenigen Jahren erwarben, dürften nicht diejenigen sein, die die Zeche zahlen. Die Kosten für die Nachrüstung müssten vom Verursacher getragen werden. Reichhold: „Das heißt im Klartext: Wer Fehler macht, muss dafür geradestehen.“