Pressenachricht Nr. 055/2012 vom 18. Dezember 2012
Anerkennungsverfahren in der Praxis gut angelaufen
Fachkräfte und Arbeitsmarkt profitieren vom neuen Gesetz
Das Anerkennungsgesetz des Bundes kommt in der Praxis an. Die Erfahrungen im Handwerk in der Region Stuttgart sind positiv. "Das Verfahren, um im Ausland erworbene Berufsqualifikationen in Deutschland anerkennen zu lassen, begrüßen wir", betont Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. "Es stellt nicht nur einen nachhaltigen Beitrag zur Fachkräftesicherung dar, sondern bietet Chancen zur Integration für Menschen, deren Qualifikation wir hier gebrauchen können."
Viele Handwerksbetriebe suchen angesichts der guten Auftragslage intensiv nach Fachkräften. "Ob sie aus Deutschland, der EU oder aus anderen Staaten kommen, ist den Unternehmern weniger wichtig als die berufliche Qualifikation", erklärt Munkwitz. Doch hier gab es bisher eine oft große formelle Hürde: Viele ausländische Berufsabschlüsse sind nicht direkt mit den deutschen zu vergleichen. Das seit April geltenden "Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbene Berufsqualifikationen" erleichtert dies. So können im Ausland erworbene Berufsabschlüsse in Deutschland als mit einem deutschen Abschluss gleichwertig anerkannt werden. Dies ist für reglementierte Tätigkeiten, wie für das zulassungspflichtige Handwerk, Voraussetzung für die Selbstständigkeit.
Für den Bereich des Wirtschaftszweiges Handwerk sind die Handwerkskammern mit dem Feststellungsverfahrens beauftragt. So konnten bei der Stuttgarter Kammer von Mai bis November 700 telefonische und persönliche Beratungen durchgeführt werden. 120 Anträge auf Überprüfung ausländischer Qualifikation wurden gestellt, zehn Personen haben bereits einen Bescheid über die volle Gleichwertigkeit erhalten. Die Antragsteller kommen meist aus der Türkei, Griechenland, Rumänien oder dem Irak. Das Verfahren beginnt mit gebührenfreien Informations- und Beratungsgesprächen und mündet gegebenenfalls in die konkrete Antragsstellung.
Erfolgsgeschichte hinter dem Verwaltungsbescheid
Auch Daniel N. aus Stuttgart nutzte das neue Gesetz. Er absolvierte in Mazedonien erfolgreich eine Ausbildung und hat nunmehr eine Bescheinigung der Handwerkskammer Region Stuttgart erhalten, wonach seine mazedonische Ausbildung der Gesellenebene mit dem Ausbildungsberuf Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker Fachrichtung Karosseriebautechnik entspricht. Er schreibt:
"Nach Zuzug zu meiner deutschen Ehegattin habe ich bei der ersten Suche nach einer Anstellung viel Glück gehabt und konnte in einem Unternehmen für Kabelkonfektion beginnen. Sehr schnell ließ man mich jedoch spüren dass ich nur als Hilfsarbeiter gesehen werde. Leider gab es aufgrund einer fehlenden anerkannten Gleichwertigkeit für mich kaum bzw. keine Aufstiegschancen. Ich entschied mich, das Unternehmen zu verlassen und nach einer Tätigkeit in meinem Ausbildungsberuf Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker zu suchen. Hierbei wurde mir in meiner Bewerbungsphase jedoch immer die fehlende Gleichwertigkeit zum Verhängnis. Oftmals wurde dies von potenziellen Arbeitgebern auch zum Anlass genommen über eine sehr niedrige Entlohnung mich als Arbeitnehmer zu gewinnen. In dieser Phase trat auch das BQFG in Kraft. Das war meine Chance! Schnell reagierte ich und stellte den Antrag bei der Handwerkskammer Region Stuttgart. Schlussendlich würde ich sagen, dass mir die festgestellte volle Gleichwertigkeit meiner Ausbildung zur direkten Übernahme verhalf. Heute freue ich mich, ein Teil eines Premium-Automobilherstellers zu sein und als gleichwertiger Mitarbeiter angesehen zu werden. Die festgestellte volle Gleichwertigkeit bietet mir nun auch die Möglichkeit mich zum Meister weiterzubilden. Ich freue mich, dass Migrantinnen und Migranten durch das BQFG nun die Möglichkeit haben, sich beruflich zu verwirklichen und zukünftig nicht nur Hilfsarbeitertätigkeiten ausführen müssen."
So läuft das Verfahren
Wer zu dem Personenkreis gehört, eine qualifizierte Stelle sucht oder sich in den zulassungspflichtigen Gewerken des Handwerks (Anlage A zur Handwerksordnung) selbstständig machen will, beantragt die Gleichwertigkeitsbescheinigung bei der Handwerkskammer. Zuständig ist die Kammer am Wohnort, die beim Antrag auch beratend zur Seite steht. In schwierigen Fällen kann die Kammer eine von 43 Leitkammern einschalten, die sich auf bestimmte Länder spezialisiert haben. Reichen die Unterlagen des Antragstellers nicht aus, erstellt die Kammer eine Qualifikationsanalyse, zum Beispiel mit Arbeitsproben und Fachgesprächen. Das reguläre Verfahren soll ab Dezember, wenn es richtig angelaufen ist, maximal drei Monate dauern. Je nach Aufwand berechnet die Handwerkskammer hierfür 100 bis 600 Euro, die unter Umständen anfallenden Kosten für die Qualifikationsanalyse kommen noch hinzu. Bei arbeitslos gemeldeten Fachkräften kann die Arbeitsagentur die Kosten übernehmen. Auch den Betrieben steht es frei, den künftigen Mitarbeitern die Ausgaben zu erstatten und von der Steuer abzusetzen. Auskünfte zum Verfahren gibt Volker Süssmuth von der Handwerkskammer Region Stuttgart.
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