Annähernd 30.000 Handwerksbetriebe in der Region Stuttgart
Gute Konjunktur treibt Betriebsgründer an
Pressenachricht Nr. 011/2020 vom 3. März 2020
Auf einen neuen Rekord steuert die Zahl der bei der Handwerkskammer Region Stuttgart registrierten Unternehmen zu. Um mehr als 600 Betriebe stieg der Bestand im vergangenen Jahr. Er lag am Jahresende bei 29.936.
Das Plus von 2 Prozent wurde vor allem durch Gründungen im zulassungsfreien und handwerksähnlichen Bereich erreicht, wo kein Qualifikationsnachweis erbracht werden muss. Wie in der Vergangenheit bröckelt die Zahl der Meisterbetriebe weiter ab – zum Jahresende waren 17.272 Betriebe (- 0,8 Prozent) eingetragen.
„Die konjunkturell guten Zeiten und die weiterhin positiven Aussichten sind jetzt die beste Startkulisse für eine Gründung im Handwerk. Auffallend ist aber, dass sich die Zuwächse in den Bereichen bewegten, die seit Mitte Februar bedingt durch die Änderung der Handwerksordnung wieder zulassungspflichtig wurden“, kommentiert Thomas Hoefling, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, die Situation. „So haben die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, die Parkettleger, Raumausstatter oder auch die Schilder- und Lichtreklamehersteller sprunghaft zugelegt. Das lässt den Schluss zu, dass hier, um der Meisterpflicht zu entgehen, noch schnell Betriebe bei der Kammer eingetragen wurden. Den gewährten Bestandsschutz wollten viele noch mitnehmen.“
Demzufolge stieg die Zahl der zulassungsfreien Betriebe um 450 (+ 6,4 Prozent) auf 7.497. Einen satten Zuwachs verzeichneten neben den Gebäudereinigern (+ 151) auch die Fotografen (+ 158). Zu den zulassungsfreien Handwerken gehören beispielsweise auch Uhrmacher, Galvaniseure oder Textilreiniger. Der Bereich der handwerksähnlichen Betriebe nahm um 286 auf 5.167 (+ 5,9 Prozent) zu. Hierzu zählen beispielsweise die Rohr- und Kanalreiniger, Eisenflechter, Änderungsschneider, Kosmetiker oder das Bestattungsgewerbe.
Kritisch sieht Kammerchef Thomas Hoefling, dass immer weniger Gründer einen Meistertitel vorweisen können. „Die Qualifizierung zum Handwerksmeister ist die ideale Grundlage für ein nachhaltiges Unternehmertum, ist ein Garant für hohe Produktqualität und für eine gute Ausbildungsleistung. Zudem ist er ein Stück Verbraucherschutz.“ Nach wie vor würde für viele Gewerke die Meisterpflicht gelten. So beispielsweise für Bäcker, Metzger, Elektriker oder Heizungsbauer.
Um einen Anreiz für die lohnenswerte Qualifizierung zum Meister zu schaffen, komme die Meisterprämie des Landes für angehende Absolventen von Meisterschulen sowie auch die Gründungsprämie des Landes zur rechten Zeit. „Diese Aspekte können die Entscheidung für das Ablegen der Meisterprüfung und so die Gründer- und Betriebsübernahmekultur positiv beeinflussen.“
Die Experten der Handwerkskammer empfehlen, sich vor dem Schritt in die Selbstständigkeit ausreichend Qualifikation anzueignen und sich beraten zu lassen. „Die Finanzierung, die rechtlichen Rahmenbedingungen und ein Business-Plan sollten trotz bester Konjunkturaussichten nicht dem Zufall überlassen werden“, empfiehlt Hoefling.
Betriebsbestand in den Landkreisen (Stand 31.12.2018, 31.12.2019, Veränderung absolut/prozentual)
Landkreis Böblingen: | 3.790 Betriebe | + 99/+2,7% |
Landkreis Esslingen: | 5.915 Betriebe | + 158/+2,7% |
Landkreis Göppingen: | 3.303 Betriebe | +91/+2,8 % |
Landkreis Ludwigsburg: | 5.830 Betriebe | +188/+3,1% |
Landkreis Rems-Murr: | 5.254 Betriebe | - 45/-0,8% |
Stadtkreis Stuttgart: | 5.844 Betriebe | + 110/+1,9% |
Region Stuttgart Gesamt: | 29.936 Betriebe | + 601/+2,0 % |
Hintergrund: Meisterpflicht - 12 Gewerke wieder zulassungspflichtig
Mitte Februar 2020 wurde in diesen zwölf Gewerken die Meisterpflicht wieder eingeführt:
- Behälter- und Apparatebauer
- Betonstein- und Terrazzohersteller
- Böttcher
- Drechsler und Holzspielzeugmacher
- Estrichleger
- Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
- Glasveredler
- Orgel- und Harmoniumbauer
- Parkettleger
- Raumausstatter
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker
- Schilder- und Lichtreklamehersteller
Damit werden aus 12 von 52 zulassungsfreien Gewerken wieder zulassungspflichtige Handwerke. Begründet wird die Rückkehr mit dem Schutz von Leben und Gesundheit, der Sicherung der Ausbildungsleistung sowie der Wahrung von Kulturgütern und immateriellem Kulturerbe. Die Meisterpflicht in diesen Gewerken gilt nur für neu gegründete Betriebe – bereits bestehende Unternehmen genießen Bestandsschutz. Nach fünf Jahren wird die Neuregelung überprüft. Die politische Positionierung des Handwerks ist hier zu finden:www.hwk-stuttgart.de/view?onr=67&pnr=1387&mnr=319
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